2 Mitglieder von Pussy Riot nach Inhaftnahme verschwunden – ein neuer Schlag für die Feministinnen

Die russische Punk Rock und Protestgruppe Pussy Riot postete am Dienstagmorgen eine Nachricht auf Twitter. Ein Sprecher der Gruppe bestätigte, dass der Tweet der Wahrheit entsprach und dass man bis dato noch keine Informationen  über den Verbleib der beiden Gruppenmitglieder hatte.

Foto: Twitter/

Bereits seit Sonntag waren diese zwei Mitglieder inhaftiert, die Polizei hatte sie direkt bei ihrer Ankunft auf der ukrainischen Peninsula in Verwahrung genommen. Ein weiteres Mitglied, Maria Alyokhina, wurde am Montag von der Polizei einkassiert. Sie hatten noch Gelegenheit, eine Nachricht zu senden, dass sie bei der Polizei war, doch danach hörte man nichts mehr von ihr. Verständlich, dass man sich im Lager von Pussy Riot Sorgen machte. Putin hat ja so seine eigenen Gesetze in Russland und auf der Krim.

Inzwischen sind die Gruppenmitglieder zwar wieder auf freiem Fuß, doch der Schrecken dürfte mal wieder tief sitzen. Zuletzt wurden die beiden Mitglieder Borisova und Alyokhina Im August 2017 verhaftet. Sie hatten einen Protest in der Nähe der sibirischen Haftanstalt veranstaltet, in welcher sich der ukrainische Filmemache Oleg Sentsov befindet. Sentsov wurde als angeblicher Terrorist zu 20 Jahren Haft verurteilt.

Doch die Mädels müssen einfach nur als supertuff bezeichnet werden und sie lassen sich nicht einschüchtern. Auch bei der in der Krim geplanten Protestaktion ging es wieder um den Filmemacher. Der Aktivistin Maria Aljochina  gelang es als einziger dann auch noch und nur für sehr kurze Zeit, in der Krim-Hauptstadt ein Plakat mit der Aufschrift “Freiheit für Sentsov” zu zeigen.

Pussy Riot – Fem Punk Rock und radikal

Pussy Riot ist keine normale Band. Auch keine normale Punkrockband, wenn man Punkrock denn schon als nicht ganz so “normal” ansehen möchte. Zunächst einmal hat die Band keine feste Besetzung. Es sind ca.  zehn junge Frauen, die sich lose zusammenschließen, Aktionen planen und für Aktionen zusammenkommen und gemeinsam Musik machen. Was sie außerdem machen, ist eine ganze Menge Wirbel. Man muss sie bewundern. Ganz gleich auf welcher Seite des  politischen Spektrums man steht, Pussy Riot setzt sich letztlich für noble Ziele ein. Und manchmal rechtfertigt der Zweck die Mittel eben. Wem es nicht gefällt, dass sie sich mit nackten Brüsten auf öffentliche Plätze stellen und protestieren, der soll nicht hinschauen oder hinhören.

Ein ganzes Jahrzehnt Aktivismus und vier Jahre in Lagerhaft

Die politisch engagierte Punk Rock band wurde 2011 gegründet und hat gleich von Anfang an die heftigsten Schlagzeilen gemacht. Doch es fing alles schon in 2008 an, mit der Künstleraktivistengruppe Voina (Krieg). Provokante Straßenkunst und Protestaktionen gab es schon vor Pussy Riot.

Foto Wiki Commons

Eine der aufsehenerregendsten Aktionen von Pussy Riot war wahrscheinlich die Aktion im zentralen Gotteshaus der russisch orthodoxen Kirche in Moskau. Im Februar 2012 begaben sich Mitglieder der Gruppe in die Kathedrale, sie stießen bis zum Altar vor und vollführten vor dem Altar ein Punk Gebet. Für weniger als eine Minute gelang es ihnen nur, dort ihren Auftritt aufzuzeichnen, bevor sie dann ziemlich rüde, wie gewohnt, unterbrochen wurden. Die Aufnahme wurde später im Internet veröffentlicht, nicht jedoch ohne dass sie vorher bearbeitet und durch weitere Videoaufnahmen in anderen Kirchen erweitert wurde. Eines der Mitglieder, die Perfomancekünstlerin und Aktivistin Mascha Aljochina wurde nach der Aktion festgenommen und zu zwei Jahren Lagerhaft verurteilt. Sie schrieb später ein Buch darüber, “Tage des Aufstands”. Alechina war auch bei der Protestaktion in Sibirien für den Filmemacher dabei. Auch Nadeschda Andrejewna Tolokonnikowa verbrachte zwei Jahre in Lagerhaft. Auch die nun  29-jährige schrieb ein Buch “Anleitung für eine Revolution”. Vier Jahre im Knast, zwei Bücher, zehn Jahre Aktivismus.

Sie protestieren gegen das Abtreibungsverbot, gegen Putin, gegen den Kapitalismus, setzen sich für sexuelle Minderheiten ein und riskieren  ständig ihre nackte Haut. Oftmals tun sie das buchstäblich, denn die weiblichen Mitglieder sind dafür bekannt dass sie  viel nackte Haut zeigen.

Die Gründungsmitglieder

  • Jekaterina Stanislawowna Samuzewitsch, geboren 9. August 1982
  • Marija Wladimirowna Aljochina, geboren 6. Juni 1988
  • Nadeschda Andrejewna Tolokonnikowa, geboren 7. November 1989

Noch im Jahr 2012, nach der Aktion in der Kathedrale gab es in Deutschland viele böse Stimmen. Große  Medien wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung, das Männermagazin, oder Blogs, Sterne und Sternchen äußerten sich ziemlich unwillig zu den Aktionen und zu Pussy Riot generell. Da gab es Schlagzeilen wie “Böser russischer Staat gegen unschuldige kleine Mädchen” und man regte sich darüber auf, dass die “Fotzen-Aufständler” mit einem toten Hühnchen im Supermarkt demomasturbierten.

Ob es im Jahr 2018 mehr Sympathien für die Mädels gibt?

Wir würden uns das wünschen, denn der Einsatz, der dahinter steckt, kann einfach nur als echte Aufopferung bezeichnet werden. Die Ziele sind tatsächlich nobel. In einem Land, wo ca 70 % der Leute glauben dass Homosexualität eine moralische Perversion oder Geisteskrankheit sei, sind drastische Methoden gefragt. Und wie bereits zu Anfang gesagt, manchmal heiligt der Zweck eben die Mittel.

Es steht zu hoffen, dass die politischen AktivistInnen in Zukunft so sicher wie möglich und mit heiler Haut davonkommen. Und dass ihnen mehr Menschen zuhören und zusehen als sie zu verdammen. Ob das Ganze anders wäre, wenn es männliche Aktivisten wären?